Weil die Züge in der italienischen Provinz nicht so oft fahren, mussten wir heute morgen wieder früh aufstehen. Zum Frühstück gab es Waffeln, weil nicht genügend Brot im Haus war. Das war lecker. Dann wurden wir von M. mit dem Auto zum Bahnhof gefahren. Der Abschied fiel uns nicht leicht, denn das Ziel – Bologna – war eher zufällig gewählt. Es zog nicht so recht. Am ehesten kann ich sagen, dass die Heimat ruft. Meine Überlegung war, dass Bologna immerhin so nah ist, dass wir am frühen Nachmittag ankommen. So haben wir auch an einem Ort, an dem wir nur eine Nacht bleiben die Chance, etwas davon zu sehen.

Nach einer kurzen Fahrt mit dem Regionalzug stiegen wir in einen IC um, der am Anfang der Fahrt angenehm leer war, dann aber doch recht voll wurde. Ich versuchte nicht genervt von dem weinendem Kleinkind und weinendem Kleinhund zu sein. Häkeln half. Wir waren aber schnell genug in Bologna, bevor wir genervt waren.

Auf der Fahrt wurde das Wetter zusehends schlechter und die Landschaft klischeemäßig toskanahaft. Das Rausgucken aus den doch eher dreckigen Zugfenstern war nett, aber Begeisterungsstürme gab es nicht. Während der Fahrt buchten wir unsere Übernachtung in Bologna. Wir entschieden uns für ein B&B in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, weil ich vermutlich recht oft gesagt habe, dass ich keine Lust drauf habe, schon wieder den Rucksack ewig weit zu schleppen.

Das Zimmer ist ziemlich scheußlich. Es riecht sehr nach Reiningungsmitteln (immerhin) und wie ich bei meinem Spaziergang durch Bologna feststellen musste, scheint das ein Duft zu sein, den man hier sehr gerne mag. Auch das italienische Waschmittel, nachdem Bettwäsche und Handtücher riechen ist gewohnt italienisch intensiv. Mittlerweile riecht es im Flur nach Rauch, obwohl Rauchen hier nicht erlaubt ist. Es ist auch nicht erlaubt, Make-up-Flecken auf Handtücher zu machen. Schade, dass wir kein Make-up dabei haben, dachten wir. Weil es in der Unterkunft wenig gemütlich ist, machten wir uns recht schnell auf die Socken, um Bologna zu erkunden.

Was soll ich sagen: Bologna ist überraschen hübsch! Es gefällt uns. Es lädt sogar zum Wiederkommen ein (man kann dann ja woanders schlafen). Wir liefen insgesamt 5 Stunden durch den Regen, was in Bologna aber nicht wirklich schlimm ist, denn überall gibt es Passagen, überdachte Gänge an den Häusern. Ich habe wenig Ahnung von Architektur, aber die Reisebegleiterin sagt, dass hier viel mittelalterliches zu sehen ist. Jetzt überlege ich, dass die Dörfer, in denen wir in den letzten Tagen ja auch mittelalterlich waren, aber vielleicht war das eher frühes Mittelalter und hier ist reiches Mittelalter? Man merkt, ich/wir sind überhaupt nicht vorbereitet auf Bologna, wir haben nix im Vorfeld darüber gelesen, wir Banausinnen. Wir ließen uns mal wieder einfach nur durch die Stadt treiben und schauten, wo es uns gefiel und wie so oft hatten wir anschließend das Gefühl, die meisten relevanten Dinge, die man auf den Postkarten an den Souvenierständen sieht, gesehen zu haben. Zusätzlich zu den Must-Sees entdeckten wir eine coole Kneide, In der wir den Altersdurchschnitt hoben und mal wieder ein Viertel mit Murals an den Wänden.

Es hat uns also trotz Regen gefallen und auch trotz der Masse an Menschen, außer uns unterwegs war. Mittlerweile vermute ich, dass es am Wochentag liegt. Sonntags scheinen immer extrem viele Menschen unterwegs zu sein, weil sich nicht nur die Tourst*innen in der Stadt drängeln, sondern auch die Italiener*innen aus Stadt und Umland frei haben. Aber wie gesagt, es hat uns wirklich gefallen.

Das Einzige, was wir über Bologna und über die gleichnamige Reform der Studiengänge hinaus wussten, war, dass das, was hier Ragout heißt das ist, was bei uns Bolognese genannt wird. Also mussten wir das essen. Dieses Vorhaben machte es uns auch einfach, ein Restaurant auszuwählen, weil wir neben dem Blick in den Laden einfach nur einen Blick auf die Karte draußen werfen mussten, um das Preisniveau einschätzen zu können.

Die Reisebegleiterin ließ sich dann von einem sehr charmanten jungen Mann in ein Lokal locken. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass es dort frisch Nudeln gäbe…Naja… Dieser junge Mann erinnerte mich stark an einen jungen Mann aus einer Trash-TV-Sendung, aber es spricht vermutlich für mich, dass ich mich an den Namen nicht mehr erinnern kann auch wenn ich weiß, dass ich mich fasziniert voller Fremdscham nicht von diesem TV-Event loslösen konnte. Aber egal, es ist ja auch nett, einen charmanten jungen Kellner zu haben. Wir älteren Damen haben das genossen.

Als ich überlegte, was „die Rechnung bitte“ auf italienisch heißt und wieder einmal einfach fertig war, fiel mir das Wort „Contadino“ ein. Ich war unsicher und googlte. Die Suchmaschine behauptete „ein Contadino wäre ein modularer Agrarroboter“ und wir konnten nicht mehr aufhören zu lachen. Das Lachen war aber nur ein kurzer Energieschub. Wir sind mal wieder müde.

Wir schleppten uns durch den Regen zu unserer Unterkunft. Ich hatte vor dem Urlaub überlegt, wie wasserfest wohl der neue Mantel wäre. Nun weiß ich es. Ohne Schirm ist er nur kurz wasserfest. Mit den feuchten Ärmeln des Longsleeves war es sehr fröstelig. Meine Schwiegermutter, so erzählte mein Mann eben, kann nicht glauben, dass es in Italien regnet – ich hätte den Regen fotografieren sollen, vermute aber, dass ich morgen, an unserem vermutlich letzten Tag in Italien noch Gelegenheit dazu bekommen werde. Als wir uns so durch den Regen schleppten, war die Aussicht, gleich in unsere schäbigen Übernachtungszimmer anzukommen und in der schäbigen Dusche warm zu duschen dann doch verlockend. Es ist alles nur eine Frage der Betrachtungsweise und nach der Dusche fühle ich mich in der Tat besser.

Obwohl wir mal wieder ein Zimmer mit getrennten Betten gebucht haben, werden wir wohl doch mal wieder gemeinsam im Ehebett landen. Das Konzept „jede ein Zimmer“ oder „jede ein Bett“ geht in unseren Unterkünften nicht auf. In jeder Unterkunft war es bisher so, dass es ein okayes bis gutes „Elternbett“ gab und dass die zusätzlichen „Kinderbetten“ einfach fürchterlich waren. Wer hätte gedacht, dass das quietschende Bett in Syrakus noch von dem Bett in Bologna, wo man schon beim darauf sitzen in Jeans durch die Decke jede Bettfeder spürt, getoppt werden könnte. Aber es ist ja nur für eine Nacht und mit der Unordnung, die wir jedes Mal in Windeseile schaffen sobald wir auch nur einen Reißverschluss unserer Rucksäcke geöffnet haben, ist es schon fast wieder vertraut-gemütlich.

Während ich das hier schreibe, überlegt/recherchiert die Reisebegleiterin (hoffentlich) die Weiterreise. Sie träumt immer noch von Schlenkern… ich nicht. Das einzige, worauf wir uns vorhin einigen konnten war, dass wenn es in den nächsten Tagen ohnehin dauernd regnet, wir auch eine längere Strecke fahren können. Ich bin allerdings nicht sicher, ob uns das näher an zuhause bringt, oder ob damit aus ihrer Sicht ein Schlenker gemeint war. Es bleibt spannend.