Yeah, endlich mal wieder eine Blogparade. Was war das früher schön, als wir Stöckchen weiterreichten. Umso mehr freue ich mich über die Initiative von @HerrTommi von Jansens Pott und mache gerne mit.
Unser Internet von früher – ach, was war das schön. Wir lasen einander. Wir lasen die Gedanken und Geschichten in Blogs und lernten auf diese Art und Weise andere Menschen kennen. Aussehen, Alter, Geschlecht und Wohnort spielten keine Rolle. Jeder Blogtext brachte uns ein bisschen näher, war ein Baustein der Verbundenheit. Als ich einem alten Freund vor ein paar Tagen erzählte, dass ich wieder ein Blog habe (erinnern Sie sich noch an Herrn Bandini?) schwelgten wir in Erinnerungen.
Das Internet war damals eine Spielwiese, ein Freiraum, Dinge zu veröffentlichen, ohne dafür erst ein Buch schreiben zu müssen oder einen Verlag zu finden. Endlich konnte man sich mit Gleichgesinnten austauschen und diese auch erst einmal finden. Wie schön war es das Gefühl zu haben, mit Menschen zu kommunizieren die ähnlich dachten oder eine durch Impulse oder andere Meinung weiterbrachten, denn wir hatten noch keine Angst vor Hatespeech und Shitmooves. Wir tauschten uns einfach aus und erschufen ein Geflecht aus Ideen, Gedanken und Texten, denn wir erzählen einander, was uns bewegt und gaben Stöckchen weiter aus denen manchmal große, knorrige Bäume wuchsen.
Ich schätze Menschen, denen ich nie oder selten begegnet bin, denn uns verbindet eine Vertrautheit, die auf Miterleben basiert. Wir sahen K1 und K2, oder wie auch immer die Kinder hießen, aufwachsen, wir hatten vorher miterlebt wie sich die Eltern fanden, wir erlebten aufkommende Lieben, Scheidungen, Krankheiten und auch Tod. So viele Menschen begleitete ich seit mehr als 20 Jahren, manche bloggen noch, manche lese ich auf Social Media, mit anderen bin ich auf Mastodon verbunden und dann gibt es noch eine Hand voll, mit denen ich „auch in echt“ befreundet bin.
Bei den meisten dieser Menschen-aus-dem-Internet ist es aber so, dass ich sie um Rat fragen oder sogar um einen Gefallen bitten würde, weil ich in gewisser Weise weiß, wen ich vor mir habe. Das Gleiche würde ich für sie tun. Aber es müssen gar nicht die großen Dinge sein, meist lese ich einfach das, was sie empfehlen, höre Musik, auf die ich nicht von selbst gekommen wäre und koche die Rezepte nach, weil ich das Gefühl habe, dass es einfach schmecken muss, weil wir verbunden sind. Diese Empfehlungen sind so viel wertvoller als Kund*innenstimmen oder Ratings unter Produkten, weil ich das, was geschrieben wird in einen größeren Zusammenhang einordnen kann.
War es Social Media, was die die goldenen Blogzeiten beendete oder die DGSVO, die es auf einmal mühsam machte, sich um die Rahmenbedingungen zu kümmern. Oftmals hatte ich das Gefühl, dass Geschichten auserzählt waren, andere Lebensbereiche in den Vordergrund rückten oder dass schlichtweg die freie Zeit genauso geringer wurde wie die Aufmerksamkeitsspanne. Es war auf jeden Fall der leichtere Weg, sich über Twitter auszutauschen, als zu bloggen oder sogar zu kommentieren. Doch das Ende von Twitter zeigte, wie leicht wir einander verlieren können. Ich bedauere es, dass es so schwer fällt, die Fäden, die uns verbinden weiter zu spinnen .
Im Gespräch mit besagtem Freund versuchte ich zu erklären, warum ich wieder blogge. Ich empfinde meine Texte als ein Gesprächsangebot. „Schau her, darüber mache ich mir Gedanken, wie wäre es, wenn wir diese gemeinsam bei einem Kaffee vertiefen?“ Apropos Tiefe, ja genau darum geht es. Viel zu lange, habe auch ich nur hier und da ein paar Gedankensprengsel getwittert oder getrötet. Tiefe entsteht auch dadurch, sich die Mühe zu machen, einen Text zu schreiben und darüber nachzudenken, was genau den Gedanken, den man natürlich auch mal eben schnell als Kurznachricht herauslassen könnte, anreichern könnte.
In den letzten Jahren verspürte ich oft eine Leere. Wenn ich abends in meinem Internet las, konnte ich an viel Empörung teilhaben, aber wenig Verbundenheit spüren. Aber selbst schuld, dachte ich, ich schenke ja auch nur noch wenig konzentrierte Aufmerksamkeit und zeige nicht viel von mir. Woher soll dann die Tiefe und die Verbundenheit kommen?
Ich kann mich noch so gut daran erinnern, wie aufregend es früher war Menschen, „die man schon lange las“, das erste Mal zu treffen. Ich irrte mich nie. Alle, die ich gerne las, die mir durch ihre Texte ans Herz gewachsen waren, waren „in echt“ Menschen, die mich interessierten. Das war so viel besser, als es noch der beste Algorithmus von Paarship und Konsorten jemals organisieren könnte.
Lasst uns das Internet wieder zurückerobern, überlegt doch auch, ob wir eventuell Lust hätte, doch mal oder doch mal wieder zu bloggen. Oder lasst uns zumindest mit einer Initiative wie #savesocial retten. Den Mann hinter der Initiative Save Social kenne ich zwar aus dem echten Leben, denn wir haben zusammen im Chor gesungen, aber ohne Social Media hätten wir in den letzten zwei Jahrzehnten einander aus den Augen verloren.
Vielleicht ist so eine Blogparade noch nicht das, was wirklich Tiefe schafft, aber es ist eine gute Möglichkeit, um einander zu entdecken. Deswegen mache ich mit und vielleicht ist das auch was für dich. Das sind die Fragen, die du gerne kopieren kannst, um auch mitzumachen:
- Warum hast Du ursprünglich mit dem Bloggen angefangen?
- Welche Plattform nutzt Du für Deinen Blog und warum hast Du Dich dafür entschieden?
- Hast Du schon auf anderen Plattformen gebloggt?
- Wie schreibst Du Deine Blogposts? Nutzt Du ein lokales Bearbeitungstool oder eine Panel/Dashboard-Funktion Deines Blogs?
- Wann fühlst Du Dich am meisten inspiriert zu schreiben?
- Veröffentlichst Du Deine Texte sofort oder lässt Du sie erst eine Weile als Entwurf liegen?
- Über welche Themen schreibst Du generell?
- Für wen schreibst Du?
- Was ist Dein Lieblingsbeitrag auf Deinem Blog?
- Hast Du schon Blogpausen eingelegt oder Blogs ganz aufgegeben?
- Was empfiehlst Du Menschen, die mit dem Bloggen anfangen wollen?
- Hast Du Zukunftspläne für Deinen Blog? Vielleicht ein Redesign, ein Wechsel der Plattform oder neue Features?
Warum hast Du ursprünglich mit dem Bloggen angefangen?
Ursprünglich habe ich 2003 angefangen zu bloggen und seit dem auch eigentlich immer gebloggt. Allerdings habe ich in verschiedenen in Blogs, sowohl privat als auch beruflich geschrieben, so dass es keine richtige Kontinuität der letzten 22 Jahre gibt. Ich kann mich ebenso wie die Kaltmamsell vom Blog Vorspeisenplatte noch gut daran erinnern, wie wir in der brandeins-Mailingliste zuerst von diesem Phänomen Blogs hörten. Und dann begann der Haltungsturner @luebue im Frühjahr 2003 ins Internet zu schreiben und zwei Monate später waren wir auch dabei.
Der Grund, wieso ich blogge ist der gleiche heute wie damals: ich finde es großartig, etwas ohne Türsteher*in zu veröffentlichen. Es ist toll, einen Ort im Internet für meine Gedanken zu haben und noch toller ist es, wenn andere sie lesen, kommentieren und im besten Falle mitnehmen und daraus etwas Eigenes machen.
Welche Plattform nutzt Du für Deinen Blog und warum hast Du Dich dafür entschieden?
Ich blogge auf eigener Domäne mit WordPress. Ganz am Anfang, in den ersten gut 12 Jahren war ich bei Blogger.de achja und auch mal bei Twoday.net. Das war damals super, weil es so einfach war ein Blog einzurichten und loszulegen. Heute nutze ich den eigenen Ort im Netz, weil ich gerne die Kontrolle über meine Daten haben möchte.
Wie schreibst Du Deine Blogposts? Nutzt Du ein lokales Bearbeitungstool oder eine Panel/Dashboard-Funktion Deines Blogs?
Ich schreibe gerne im Dashboard, weil ich auch gerne schaue, wie es später aussieht. Das hilft mir auch beim Korrekturlesen.
Wann fühlst Du Dich am meisten inspiriert zu schreiben?
Als Selbständige unterscheide ich nicht so streng zwischen Arbeitszeit und Freizeit, deswegen schreibe ich, wann ich will und manchmal wird es ein beruflicher Text, mal ein privater Text. Oftmals ist es auch so, dass ich mich mit einem privaten Text warm schreibe und mir dann das berufliche Schreiben leichter fällt. Auslöser ist aber in der Regel, dass ich eine Idee habe, die raus muß.
Weil es aufwändig ist, einen längeren Text zu schreiben und dieses Vorhaben auch oftmals auf der langen To-do-Liste immer wieder nach hinten rutscht, habe ich mich jetzt mit einer Freundin und Kollegin, die ich vor ca. 15 Jahren durch ihren Blog (der erste deutsche Nähblog Nahtzugabe) kennenlernte, seit Anfang des Jahres jeden Donnerstag Nachmittag zum Schreiben verabredet. Dabei steht es uns frei, ob wir einen beruflichen oder privaten Text schreiben – Hauptsache, wir schreiben.
Veröffentlichst Du Deine Texte sofort oder lässt Du sie erst eine Weile als Entwurf liegen?
Wenns fertig ist, kommt es raus. Das hat zwei Gründe: erstens schreibe ich nichts (mehr) ins Internet, was mir irgendwie, irgendwann schaden könnte. Das heißt, ich zensiere mich schon vor dem Schreiben und lasse Ideen unter den Tisch fallen, wenn sie sich nicht gut anfühlen. Als ich 2014 meinen ersten, wochenlangen Shitstorm erlebte -damals gab es das Wort noch gar nicht und es war auf der republica, wo ich Hilfe und Unterstützung suchte, nur ein Thema in einem sehr, sehr kleinen Raum – war das so schmerzhaft, dass ich leider die Konsequenz daraus gezogen habe, vorsichtiger werden zu müssen. Aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, nichts mehr in unser Internet zu schreiben, denn die Vorteile überwiegen eindeutig, sich mit den eigenen Gedanken aus dem stillen Kämmerlein zu wagen.
Der zweite Grund, wieso ich Texte sofort veröffentliche ist, dass ich meist ganz neugierig bin, was andere darüber denken. Das ist wahrscheinlich eine Konditionierung dank Social Media, wo wir ja Herzchen als Belohnung empfinden. Noch schöner als Herzchen sind aber Kommentare, damit es interaktiv wird.
Berufliche wichtige Texte lasse ich natürlich liegen und vor allen Dingen auch Korrektur lesen, weil ich doch gerne Kommafehler etc. mache. Am Bloggen schätze ich aber auch Spontanität und die Veröffentlichung unfertiger Gedanken. Deswegen ist die Abgrenzung da nicht immer trennscharf, wann ich den Text nachreifen oder Korrekturlesen lasse und wann nicht.
Über welche Themen schreibst Du generell?
Generell schreibe ich über sehr unterschiedliche Themen, aber eben an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten. In diesem Blog schreibe ich private Gedanken, weil ich festgestellt habe, dass ich in den letzten Jahren nur noch über berufliche Themen geschrieben hatte und mich gefragt habe, wer ich eigentlich jenseits meines Berufs bin.
Für wen schreibst Du?
Das ist die spannendste Frage! Ich schreibe erstmal für mich, weil ich gerne schreibe und weil ich es schön finde, flüchtige Gedanken in Texten zu sortieren. Aber ich bin auch eitel und finde es schon schöner, wenn jemand es auch liest, wenn ich mir schon die Mühe mache. Private Gedanken zu veröffentlichen schafft Verbindung und das ist auch etwas, was mich antreibt, öffentlich zu schreiben. Es kommt mir gar nicht darauf an, dass diese Blogtexte von Vielen gelesen werden, aber es freut mich, wenn Menschen mich dadurch kennenlernen, wenn sich Gespräche ergeben. Das Teilen von Texten schafft Tiefe und das gefällt mir.
Was ist Dein Lieblingsbeitrag auf Deinem Blog?
Hier schreibe ich ja noch nicht so lange, insofern war meine spontane Antwort: den schreibe ich erst noch, denn ich habe schon länger vor, über mein schönstes Erlebnis 2024 zu schreiben. Aber falls jemand bis hierhin gelesen hat und bisher noch keine anderen Beiträge von hier kennt, wäre es ja schon nett, wenn ich einen Beitrag empfehlen würde, weil er mir besonders viel bedeutet. Deswegen entscheide ich micht für diesen hier: „Krisenbettwäsche„. Ich mag diesen Beitrag, weil es mir Spaß machte ein Themen, die mich berührten zu kolumnenartig zu verknüpfen. Er ist vielleicht mehr als die anderen Beiträge eine Schreibübung und trotzdem ehrlich und persönlich.
Hast Du schon Blogpausen eingelegt oder Blogs ganz aufgegeben?
Aber ja! Es gab Phasen, in denen ich mehr Podcastete als öffentlich zu schreiben, ich habe ein Blog beendet, weil sich das private Bloggen zu einem Business entwickelte, ich habe mein privates Blog immer seltener und irgendwann gar nicht mehr geschrieben, weil es einfach keineR gelesen hat, ich hatte Blogs, in denen ich Themen daraufhin überprüfte, ob sie Resonanz hervorrufen, die ich nur eine zeitlang schrieb und ich habe ein Blog zu meinem letzten Buch, auf dem ich auch schon ewig nichts mehr geschrieben habe.
Was empfiehlst Du Menschen, die mit dem Bloggen anfangen wollen?
Macht einfach, es ist toll! Macht es euch so einfach wie möglich.
Hast Du Zukunftspläne für Deinen Blog? Vielleicht ein Redesign, ein Wechsel der Plattform oder neue Features?
Hier ist es ja noch frisch und mein Vorsatz ist auch, dass es hier ganz schlicht bleiben soll. Es geht um die Texte. Ich weiß noch nicht mal ob ich es durchhalte, zu jedem Beitrag ein Bild zu machen.
Wenn du noch mehr Blogs finden willst, in denen diese Fragen beantwortet wurden, dann schau mal hier und wenn du selbst bloggst, freue ich mich darauf, deine Antworten zu lesen.
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