Am 31. Oktober stellte ich erstaunt fest, dass ich möglicherweise Kraulen kann. Ich schwamm wie üblich in der sehr kurzen Bahn unter den Sprungbrettern, bei der der Freischwimmerbereich abgetrennt ist. In diesem Schwimmbad ist das der breiteste Bereich. Der Rest des Beckens ist in Bahnen abgetrennt, was es mir schwer macht, die richtige Bahn für mich zu finden. Ich schwamm also auf einer sehr kurzen Bahn von geschätzten 16 m hin und her, immer eine Bahn Brust eine Bahn Kraulend. Im Herbst 2019 hatte ich einen Kraul-Kurs gemacht und nun seit 5 Jahren geübt. Mein Ziel war es, es irgendwann zu schaffen, eine ganze Bahn zu Kraulen. Im Laufe der 5 Jahre war mir das ca. 3 – 4 mal geglückt. Obwohl es mir nichts ausmacht, 90 Minuten Brust zu schwimmen, schien es mir nach wie vor utopisch eine ganze Bahn von 25 m kraulend zu schaffen. Einmal sagte ein Schwimmmeister zu mir „bitte sterben sie nicht in unserem Bad“.
An diesem 31. Oktober 2024 wurden nach ein paar Bahnen die Sprungbretter geöffnet. Ich wechselte auf eine 25-m-Bahn und kraulte diese aus Versehen komplett durch. Huch! Ich dachte, das wäre ein Zufall, ein Sonderfall, ein Versehen, während ich versuchte wieder ruhig zu atmen. Nach ein paar weiteren Brust-Bahnen wollte ich das erstaunliche Ereignis aber doch noch mal überprüfen. Und wieder kraulte ich eine komplette Bahn. Es war kein Zuckerschlecken, aber auch die zweite Überprüfungs-Bahn gelang. Das war also doch kein Zufall.
Wenige Tage später, am 5. November, ging ich erneut schwimmen, immer noch misstrauisch ob es denn tatsächlich sein könnt, Morgens hörte ich die schlechten Nachrichten aus Amerika und weil mir das das Arbeiten ohnehin unmöglich machte, ging ich ins Hallenbad. Als hätte ich nie etwas anderes gemacht, schwamm ich immer abwechselnd je 10 Bahnen Brust und 10 Bahnen Kraul. Ich war perplex. Während die Menschen aus meiner Bubble verzweifelten, strotzte ich nur so vor einem Gefühl der Selbstwirksamkeit und Stolz. Das ist wahrscheinlich ohnehin das Beste, was man an so einem Tag machen kann.
Von dem zweiten eigentlich noch schönerem Moment 2024 der mit dem Schwimmen, dem Leben und eigentlich Allem zu tun hat, erzähle ich ein anderes Mal, denn der Triumph des 5. November soll davon nicht abgewertet werden. Es ist einfach großartig, endlich kraulen zu können! Ich wollte kraulen können, um im Schwimmbad zu den Coolen zu gehören. Eine Schwimmbrille alleine reicht selbst in Kombination mit einer Silikonbadekappte noch nicht. Das habe ich probiert.
Vor weitaus mehr als 5 Jahren erzählte die Schauspielerin Maren Kroymann, dass sie das Kraulen mit Anfang 50 gelernt hatte. Als ich das hörte, wurde es für mich zur Option. Danach dauerte es nur noch etwa 2 Jahre, bis ich den Mut aufbrachte, mich zu einem Kurs anzumelden. Vielleicht geht es mir beim Kraulen gar nicht um alle Coolen. Mir gefällt es, damit zu den coolen Frauen zu gehören. Viel zu Lange habe ich nicht daran geglaubt, dass dies für mich möglich wäre.
Dass ich endlich Kraulen kann zeigt mir, dass man eine ganze Menge lernen kann, wenn man nur durchhält. Ich habe in den vergangenen 5 Jahren immer wieder Anläufe genommen, immer wieder geübt. Es gab Wochen, in denen ich glaube, es wirklich niemals zu schaffen und trotzdem raffte ich mich immer wieder auf, versuchte es und übte und übte. Wir krass ist es, etwas nach 5 Jahren endlich zu meistern! Ich finde, das macht Mut und es fühlt sich richtig an, auch darüber zu schreiben.
„Vielleicht geht es mir beim Kraulen gar nicht um alle Coolen. Mir gefällt es, damit zu den coolen Frauen zu gehören.“
Genau so ist es bei mir auch und das allein ist eine große Genugtuung 🙂
Schöner Blog! Ich folge gern.
Ach, das freut mich. Herzlich willkommen bei den coolen Frauen 🙂